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Außerschulisches Lernen in der digitalen Welt

Orientierungshilfe für den Einsatz von und den Umgang mit digitalen Technologien am außerschulischen Lernort

Im Mittelpunkt der außerschulischen Pädagogik steht die Begegnung mit dem Original, die Primärerfahrung an Originalschauplätzen, das Lernen mit allen Sinnen. Wir, die außerschulischen Lernorte im Didacta Verband, möchten den Bildungsprozess in diesem Sinne gestalten und begleiten. Wir sehen keinen Widerspruch darin, digitale Medien einzubinden, solange sie die unmittelbare Erfahrung nicht ersetzen, sondern positiv ergänzen.

Unter Digitalisierung im Kontext des außerschulischen Lernens verstehen wir die Veränderungen, die in Bildungsprozessen durch die Nutzung und Vernetzung digitaler Geräte und Technologien sowie das Sammeln, Speichern und Weiterverarbeiten von digitalen Daten entstehen.

Wir erachten es als sinnvoll, in einem fortlaufenden Prozess immer wieder zu prüfen, ob und wie digitale Medien die pädagogischen Arbeit am außerschulischen Lernort zielführend unterstützen können, und plädieren für einen konstruktiven Umgang und Einsatz digitaler Technologien.

Dazu haben wir einige Anregungen als Orientierungshilfen formuliert:

  1. Das außerschulische Lernen folgt dem Prinzip „Lernen zum Anfassen“ und setzt auf die Begegnung mit Originalphänomenen. Digitale Medien können immer dann eingesetzt werden, wenn sie diese Erfahrungen pädagogisch sinnvoll erweitern und intensivieren und den Teilnehmenden zusätzliche Beteiligungschancen ermöglichen.

  2. Die Lernende/der Lernende steht als handelndes Subjekt am außerschulischen Lernort im Mittelpunkt ihres/seines Lernprozesses und gestaltet diesen weitgehend selber. Aufgabe des Lernortes ist es, den Lernprozess zu unterstützen und dafür geeignete Methoden zur Verfügung zu stellen. Digitale Medien und Technologien sind dabei willkommen, es gilt aber: die Technik muss der Pädagogik folgen, sofern sie nicht Lerngegenstand ist. Digitale Medien sollen als ergänzende Methoden zur Gestaltung hochwertiger Lernprozesse an außerschulischen Lernorten dienen und die Interaktion und Beziehung zwischen Lernort, pädagogischen Mitarbeiter*innen und Teilnehmer*innen unterstützen und stärken.

  3. Für die sinnvolle und bereichernde Einbindung digitaler Angebote am außerschulischen Lernort sind besondere mediendidaktische Kompetenzen erforderlich, die entweder zusätzlich erworben werden sollten oder durch externe Expert*innen eingebracht werden können. Digitale Angebote, die nicht in ein pädagogisches Konzept eingebunden sind, werden der Didaktik des außerschulischen Lernens in der Regel nicht gerecht und können das Gesamterlebnis beeinträchtigen.

  4. Digitale Medien bieten für die Beteiligung aller Lernenden neue Zugänge und Möglichkeiten. Sie können vor allem im Hinblick auf Inklusion Vermittlungsprozesse unterstützen und individuelle Herangehensweisen ermöglichen. Von besonderem Interesse sind daher interaktive Medien, die hinsichtlich Bedienbarkeit und Inhalt alters- und entwicklungsangemessen ausgewählt sind und eingesetzt werden.

  5. Digitale Technologien ermöglichen eine neue Form der Kommunikation zwischen Lernort, Lehrenden, Lernenden und ihrem Umfeld. Beziehungen, Umgangsformen, Sozialverhalten und Lernverhalten werden von ihnen beeinflusst. Dessen müssen sich Lernorte bewusst sein und das bei Planung und Durchführung berücksichtigen.

  6. Eine besondere Rolle spielen digitale Angebote bei der Vor- und Nachbereitung eines Lernortbesuches. Mit gut abgestimmten Materialen und Informationen kann der Lerneffekt beim Besuch deutlich verbessert werden.

  7. Digitale Kommunikation und Angebote können die Bindung zwischen Schule und Lernort stärken. Der Lernort kann mit seinem speziellen Fachangeboten über den vereinzelten Besuch hinaus unterrichtsergänzend genutzt werden.

  8. Beim Einsatz von digitalen Technologien und Lernformen müssen die Erfordernisse des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte, insbesondere bei bring-your-own-device-Formaten (BYOD), beachtet werden. Mögliche Partner*innen dürfen keinen Zugriff auf Daten von Gästen und Teilnehmer*innen erhalten. Die psychologische und physiologische Gesundheit von Teilnehmenden und Mitarbeiter*innen muss darüber hinaus gewährleistet sein. Dies macht am Lernort ggf. besondere zusätzliche Kenntnisse, Verfahren und Prozesse notwendig.

  9. Der Einsatz digitaler Technologien und Medien erfordert bei den Mitarbeiter*innen am außerschulischen Lernort auch technische Kompetenzen. Sie müssen beispielsweise in der Lage sein, bei digital unterstützten Lernkonzepten technische Störungen umgehend zu beheben, damit der Lernprozess nicht gestört oder unterbrochen wird.

  10. Die technische Infrastruktur muss dem Einsatz der digitalen Technologien angepasst werden. Technische Störungen dürfen nicht dazu führen, dass Inhalte nicht mehr vermittelt werden können.

  11. Beim Einsatz von Hardware tragen Lernorte eine besondere Verantwortung für die Auswahl von Herstellern: Hinsichtlich der Nachhaltigkeit ausgewiesene Produkte, faire Produktionsmethoden und strikte Einhaltung von (Daten-)Sicherheitsvorschriften sind notwendig, um diese Aspekte gegenüber Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern glaubhaft vermitteln zu können.
(Stand: Juli 2021)